Unternehmensnachfolge und Post-Merger-Integration als Aufgaben für Mediatoren
Zusammenschlüsse von Unternehmen und die Übergabe der Unternehmen an die nächste Generation sind wichtige Aufgabenfelder für Mediation. Hier treten häufig Konflikte auf, die stark von persönlichen Interessen, aber auch von persönlichen Sorgen geprägt sind. Eine juristische Konfliktlösung ist meist nicht geeignet, diese widerstreitenden persönlichen Interessen aufzunehmen und zu lösen. In einer juristischen Auseinandersetzung werden die Unternehmensziele, ja selbst die Integrität und Überlebensfähigkeit des Unternehmens nicht berücksichtigt. In einer Mediation werden dagegen alle Interessen der Beteiligten berücksichtigt. Aus diesem Grund ist die Mediation das ideale Verfahren, derartige Konflikte in den Griff zu bekommen.
Wenn die Unternehmensleiter daran gehen, ihre eigene Nachfolge zu regeln, sind häufig zunächst Fragen innerhalb der Familie zu klären. Einerseits muß geklärt werden, wer in der Familie geeignet und bereit ist, die Nachfolge zu übernehmen. Andererseits muß geklärt werden, welche Rolle die übrigen Familienmitglieder langfristig in Bezug auf das Unternehmen spielen. Nicht immer gelingt es ohne externe Hilfe, die divergierenden Interessen unter einen Hut zu bringen und die für den langfristigen Erfolg des Unternehmens notwendigen Entscheidungen zu treffen. Findet sich innerhalb der Familie kein Nachfolger, muß eine externe Lösung durch Einstellen eines Nachfolgers, Verkauf des Unternehmens oder Zusammenschluß gefunden werden. Auch bei gutem Willen der Beteiligten ist die Übergabe der Führungsverantwortung auf eine neue Generation nie spannungsfrei. Ursachen dafür sind immer auch von Generation zu Generation verschiedene Weltbilder und Grundauffassungen. Gerade in der heiklen Phase des Führungswechsels kann sich aber ein Unternehmen längere Auseinandersetzungen oder gar gerichtliche Streitigkeiten nicht erlauben. In einer solchen Situation zeigt sich die besondere Stärke der Mediation. In der Regel ist es mit dem Wechsel an der Spitze aber noch nicht getan. Insbesondere Unternehmenszusammenschlüsse haben in aller Regel massive Umstrukturierungen zur Folge. Umstrukturierungen führen nicht nur zu Änderungen der Arbeitsabläufe, sondern haben auch direkte Auswirkungen auf die persönliche Arbeitsumgebung der Mitarbeiter. Auch diese Probleme können nicht mit klassischen juristischen Mitteln gelöst werden. Vielmehr ist erforderlich, im Rahmen einer Mediation die unterschiedlichen Interessen, aber auch die Sorgen und Nöte aufzunehmen und interessengerechte Lösungen mit den Parteien zu erarbeiten.
Unternehmensnachfolge und Unternehmenszusammenschlüsse sind damit für den Einsatz von Mediation prädestiniert. In der Mediation sind die Beteiligten aufgefordert, die Konfliktlösung in die eigene Hand zu nehmen und selbst Verantwortung zu übernehmen. Anders als bei Schlichtung, Schiedsgericht oder ordentlichem Gericht kann das Problem nicht auf einen Dritten delegiert werden. Zudem ist Mediation in die Zukunft gerichtet und versucht nicht, Recht und Unrecht in der Vergangenheit aufzuarbeiten. Vielmehr wird im Mediationsverfahren die Zukunft gestaltet. Unternehmen können es sich in der Regel nicht leisten, Zeit und Energie für die Aufarbeitung vergangener Probleme zu investieren. Vielmehr muß, gerade im immer härteren Wettbewerb, Zukunft gestaltet und die Marktposition erhalten oder verbessert werden. Ein wichtiger Vorteil des Mediationsverfahren ist auch, daß die Konfliktlösung unter Ausschluß der Öffentlichkeit erfolgt. Mediation bringt für die Beteiligten damit eindeutige Vorteile gegenüber anderen Konfliktlsöungsmechanismen. Charakteristisch für die Situation der Unternehmensnachfolge oder des Unternehmenszusammenschlusses ist, daß es nicht etwa einen klassischen Konflikt mit einem isolierbaren und lösbaren Problem gibt, sondern das es in der Regel ein langwieriger und schwieriger Prozeß des Zusammenwachsens und Aufeinander-zugehens ist. Auch hier hat die Mediation Stärken gegenüber anderen Verfahren. Durch ihren freiwilligen und formlosen Charakter können die Parteien auch mehrfach und mit neuen Fragestellungen zum Mediator kommen und müssen dazu nicht ein förmliches Verfahren einhalten.
(Dr. Thomas Lapp)