Buchempfehlung: 7 Rules of Power, Jeffrey Pfeffer, 2023
Roland Kemper empfieht das Werk von Jeffrey Pfeffer zur Lektüre
Das neueste, für ein weiteres Publikum bestimmte Werk „7 Rules of Power“ des Sozialwissenschaftlers Jeffrey Pfeffer befasst sich auf effektiv 180 Seiten mit „Macht und Einfluss“ aus der Perspektive derjenigen, die mehr Selbstwirksamkeit im beruflichen Kontext erfahren möchten. Anders als das viel verkaufte „self-help“-Buch „48 Laws of Power“ von Robert Greene ist das Buch von Pfeffer allerdings ein prägnant geschriebenes Destillat jahrzehntelanger, evidenzbasierter Forschung. Wer sich als Berater fragt, warum und wie er mehr Einfluss erlangen sollte –im eigenen Interesse, aber gerade auch um wichtige Aufgaben im Interesse des Klienten oder im allgemeineren Interesse zu erledigen– sollte das Buch von Pfeffer zur Hand nehmen.
Das im Jahr 2023 erschienene Buch von Jeffrey Pfeffer schließt sich an eine Reihe populärwissenschaftlicher Publikationen an, die der Autor im Anschluss an seine universitäre Laufbahn veröffentlich hat und die sich mit dem Thema beruflicher Selbstwirksamkeit, der „dunklen Seite“ von Macht und entsprechenden Missständen vor allem in „for profit“ Organisationen befassen.
Entsprechend seines Titels ist das Büchlein in eine Einleitung, ein Abschlusskapitel und dazwischen in eine Beschreibung der „7 Rules of Power“ über sieben Kapitel hinweg organisiert.
Wenig überraschend postuliert Jeffrey in der Einleitung, dass sich die grundlegenden sozialen „Gesetze“ des Einflusshabens- und Gewinnens trotz massiv veränderter Umweltbedingungen (soziale Medien, schnellere digitale Kommunikation, Globalisierung, komplexere Organisationen etc.) sich nicht stark verändert hätten, aber nach wie vor von zu vielen nicht verstanden würden. Dies gäbe einerseits denjenigen zu viel Raum, die Macht missbrauchen und manipulativ handeln. Dies führe unabhängig von Fragen des Machtmissbrauchs andererseits dazu, dass viele Menschen und Organisationen schlicht unter ihren Möglichkeiten blieben und legitime Ziele nicht erreichten.
An die Einleitung schließt sich das Kapitel 1 „Get Out of Your Own Way“ an. Rekurrierend u.a. auf die psychologische „Selbstwahrnehmungstheorie“ möchte dieses Kapitel mit dem Missverständnis aufräumen, dass die größte Hürde zu größerer Selbstwirksamkeit und Einfluss Handlungen und Interventionen anderer Menschen seien. Stattdessen ginge es viel mehr darum, sich selbst verstärkende Verhaltenspraktiken einzuüben, über die man erlerne trotz gelegentlich widriger Umstände Stück für Stück kleine, objektiv messbare Ergebnisse zu erzielen. Kapitel 2 „Break the Rules“ meint nicht, dass wichtige soziale Verhaltensnormen zu brechen sind, sondern vor allem Initiativen zu ergreifen seien, welche andere von einem nicht erwarten. Kapitel 3 „Appear Powerful“ befasst sich nicht mit Insignien von sozialem Habitus oder dem von Amy Cuddy erforschten und popularisiertem „power posing“ zur Überwindung von Selbstzweifeln und Lampenfieber. Tatsächlich greift dieses Kapitel grundlegende verhaltenspsychologische Einsichten heraus um zu zeigen, warum es sinnvoll ist, in Worten und Gesten vor allem auf rhetorische Durchschlagskraft zu setzen. Kapitel 4 „Build a Powerful Brand“ thematisiert, wie die gezielte und konsequente Bildung einer „eigenen persönlichen Marke“ die Chance erhöht, Beziehungen aufzubauen, über die man ganz neue Erkenntnisse sammeln und seinen Handlungsspielraum erweitern kann. Kapitel 5 „Network Relentlessly“ schließt konsequent an das vorhergehende Kapitel an, akzentuiert aber stärker netzwerktheoretische Aspekte der Zentralität, des Brückenbauens und der Wissensvermittlung. Kapitel 6 „Use Your Power“ befasst sich vor allem damit, wie das Senden von Machtsignalen Machtpositionen verfestigt und auch zum Missbrauch solcher Positionen beiträgt. Kapitel 7 „Success Excuses (Almost) Everything“ befasst sich u.a. mit den fast mythischen Geschichten, welche einmal an Macht und Einfluss Gelangte gern weiterspinnen, weil viele diese nur zu gern hören und dann gern auch über Fehlverhalten hinwegsehen. Zur Veranschaulichung zieht Kapitel 7 hier auch Ereignisse aus der „Trump-Administration“ sowie krasse Fälle von Fehlverhalten von Unternehmensführern heran.
Das Buch schließt mit „Coda: Staying on the Path to Power” und gibt konkrete, allerdings wenig überraschende Ratschläge, wie man sich bei seinem Versuch Einfluss zu gewinnen, gezielt durch andere unterstützen lässt.
Fazit: Jeffrey Pfeffer reflektiert in seinem Buch „7 Rules of Power“ die philosophisch-ethische Dimension des Themas „Macht und Einfluss Gewinnen und Erhalten“ bewusst nicht systematisch. Im Vordergrund stehen praktisch umsetzbare Schlüsse aus den sozialen Gesetzmäßigkeiten des Themas. Dies ist legitim und richtig, da auch eine philosophisch-ethische und auch eine rechtliche Diskussion des Themas letztlich zu kurz greifen oder irreführen, wenn sie die sozialen Gesetzmäßigkeiten ignorieren oder negativ oder positiv verklären. Die pragmatische, den einzelnen Leser in seinem Individualinteresse adressierende Absicht ist genauso legitim und richtig. Sie hilft Missverständnisse und Hindernisse abzubauen, die bei diesem Thema eher unbedarften Beratern oder Klienten im Weg gestanden haben mögen.
Autor: Roland Kemper, Attorney-at-law (New York), LL.M. (George Washington), MSc. (LSE), PhD cand. (Erasmus) ist Syndikusrechtsanwalt, of Counsel, zertifizierter Mediator und leitet das DAVIT-Fachteam Internationales Wirtschaftsrecht. Er ist erreichbar unter: roland.kemper@ lexolat.com