Buchempfehlung: The Conversation, Robert Livingston, 2021

Roland Kemper das nur in Originalsprache erhältliche Werk von Robert Livingston


Das englischsprachige, bisher nicht ins Deutsche übersetzte Buch „The Conversation“ des Sozialpsychologen und Organisationsberaters Robert Livingston legt dar, wie eine sich auf Methoden der Einfühlung, der Sozialpsychologie und der Verhaltensökonomik stützende Gesprächskultur hilft, rassistische und ähnlich diskriminierende Denk- und Verhaltensmuster aufzulösen und Menschen und Organisationen zu einem tiefgreifend positiven Wandel zu verhelfen. Wer als Beraterin an solch einem Wandel interessiert ist, wird von der Lektüre von „The Conversation“ profitieren.

Das Inkrafttreten demokratisch-freiheitlicher und auf die Gleichheit der Menschen gegründeter Verfassungen führt natürlich nicht ohne Weiteres dazu, dass Rassismus („racism“), Frauen-, Fremdenfeindlichkeit und ähnliche Phänomene aus der sozialen Realität verschwinden. Tribalistische Denk- und Verhaltensmuster sind allen Menschen nach Auffassung des Autors des Buches „The Conversation“, Robert Livingston, universal tief eingeprägt und begründet den Ursprung von Rassismus und ähnlicher Phänomene. Um diesen entgegenzuwirken, bedarf es einer pragmatischen Haltung, die evidenzbasiert ist, und die mit Mut zur Selbstreflektion und zur eigenen emotionalen Anstrengung einhergeht. Nur mit dieser pragmatischen Haltung lassen sich nach Livingston die kritischen Gespräche führen, die sich als der entscheidende Hebel für die Bekämpfung von Rassismus erweisen sollen. Wenn dies richtig ist, ist dies gerade auch in einer immer stärker von digitaler Transformation geprägten Gesellschaft wichtig. Wenn wir rassistischen und ähnlich diskriminierenden Phänomene nicht in der analogen Welt zurückdrängen, wie dann in der digital vernetzten?

Das Buch hat drei Teile. Im ersten Teil „Condition“ problematisiert Livingston zunächst, ob Rassismus und ähnliche diskriminierende Verhaltensweisen nach Auffassung der meisten Bürger überhaupt eine soziale Tatsache sind. Er fragt dann, was unter „Rassismus“ begrifflich verstanden werden könne. Im Anschluss greift er den Begriff „sozialer Benachteiligung“ auf und fragt, ob und inwieweit diese sich nach sozialwissenschaftlicher Evidenz unterschiedlich auswirkt auf Menschen verschiedener Hautfarbe und welche institutionellen Ursachen (ungerechte Gesetze, unfaire Gesetzesanwendung, etablierte Praktiken sozialen Hasses) diese verstärken. Diesen institutionellen Betrachtungen schließen sich (verhaltens-)psychologische dazu an, ob die Wahrnehmung angeblicher oder wirklicher Gefährdung (“threat“) des eigenen sozialen Status oder des Selbstwertgefühls rassistische Verhaltensweisen fortbestehen lässt. Aus evolutionspsychologischer Perspektive beleuchtet der Autor danach, was der gemeinsame Nenner von Vorurteilen zwischen Gruppen ist. Offensiv betrachtet der Autor dann, inwieweit soziale Ungleichheit mit Rassismus oder unterschiedlicher Herkunft („race“) begründet werden kann. Der erste Teil des Buches schließt mit einem „Forum 1 – How to talk about the Problem“ benannten Abschnitt.

Im zweiten Teil „Concern“ bespricht der Autor die „moralischen Kosten“, die entstehen, wenn Rassismus nicht ernst genommen oder geduldet wird. Von diesen „moralischen Kosten“ unterscheidet er die „praktische Notwendigkeit“ Rassismus zu bekämpfen. Diesen zweiten Teil schließt das „Forum 2 – Addressing Concern and Committment“.

Im dritten Teil „Correction“ diskutiert Livingston zunächst, was jeder Bürger tun kann, um Fairness statt Rassismus zu fördern („racial equity“) und dann, wie Führungskräfte in Unternehmen dazu beitragen können, um die Organisationskultur und Organisationspraktiken zu beeinflussen. Den dritten Teil schließt das „Forum 3 – Taking Steps Toward Real Progress“.   

 

Fazit: In seinem Buch „The Conversation“ entfaltet der Autor Livingston letztlich sein auf der Grundlage jahrelanger Beratung privater und öffentlicher Unternehmen entwickeltes „PRESS“-Konzept als Grundlage einer einfühlenden, auf der Kunst der Überzeugung beruhenden Gesprächskultur (Problem Awareness, Root cause analysis, Empathy, Strategy, Sacrifice). All dies unterfüttert der Autor mit sozialpsychologischen Erkenntnissen und praktischen Beispielen aus seiner Organisationsberatung. Der Autor gibt mit „The Conversation“ jeder Beraterin ein Instrument an die Hand, um Gespräche so führen zu können, dass sie Denken in Stereotypen, Vorurteilen und diskriminierendem Verhalten erfolgreich entgegenwirken.

Autor:

Roland Kemper, Attorney-at-law (New York), LL.M. (George Washington), MSc. (LSE), PhD cand. (Erasmus) ist Syndikusrechtsanwalt, of Counsel, zertifizierter Mediator und leitet das DAVIT-Fachteam Internationales Wirtschaftsrecht. Er ist erreichbar unter: roland.kemper@remove-this.lexolat.com


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