Die Bedeutung von Spielen in der Mediation


Viele Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Mediation sind aktiv als Mediatoren tätig. Wenn Konfliktparteien nicht mehr selbst in der Lage sind, ihren Konflikt eigenverantwortlich zu lösen, werden immer häufiger eingeschaltet, um festgefahrene Verhandlungssituationen und Blockaden aufzulösen und es so den Beteiligten wieder zu ermöglichen, eigenverantwortlich und selbstbestimmt Lösungen für den zwischen ihnen stehenden Konflikt zu finden. Für die Mediatoren selbst bedeutet dies, dass sie über eine Vielzahl an Methoden in ihrem Werkzeugkoffer verfügen müssen, um solche schwierigen Gesprächssituationen aufzubrechen und die Beteiligten dazu zu animieren, wieder zur sachlichen Diskussion zurück zukehren. Normalerweise stehen Mediatoren dafür eine große Anzahl an gängigen Kommunikations- und Visualisierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Nicht immer reicht das aus, so dass auch vielleicht einmal auf den ersten Blick unkonventionelle Methoden zur Anwendung kommen können. Dann können Spiele und spielerische Elemente ein wichtiger Baustein im Werkzeugkasten einer Konfliktmanagerin sein, um die Beteiligten auf kreative Weise anzuregen und Blockaden aufzubrechen. Das gilt übrigens nicht nur für Mediatorinnen und Mediatoren. Jeder, der sich mit Konflikten und deren Bearbeitung befasst, mag sich von den nachfolgenden Ausführungen inspirieren lassen.

Nach Auffassung des Verfassers ist es offensichtlich, dass die verschiedenen spielerischen Möglichkeiten, die bei der Bearbeitung von Konfliktsituationen eingesetzt werden, ein sehr effektives Mittel zur Unterstützung von Lernprozessen darstellen. In der Regel sind sie auflockernd und entspannend, können aber, je nach Einsatz, auch Zusammenhänge wie visualisieren. Dadurch gelingt es häufig, Blockaden aufzulösen und den Fokus der Beteiligten auf neue Dinge zu lenken. Nicht zuletzt wird dadurch die Konzentration der Beteiligten gefördert.

Der Einsatz von Spielen ist an vielen Stellen eines Konfliktlösungsverfahrens möglich. So bietet es sich an, eine spielerische Einstiegssituation zu wählen, um den Beteiligten von vornherein die Scheu zu nehmen, auf einander zuzugehen. Für solche Szenarien sind Gesellschaftsspiele wie Bamboleo hilfreich, die es auch in entsprechender Größenordnung gibt, um sie in größeren Gruppen einzusetzen. Dazu ein Beispiel: Bei der Konzeption eines großen Leitungsbauvorhabens zeichnete es sich ab, dass die etwa 12 Beteiligten aus den verschiedenen Bereichen (Technik, Marketing, Recht, Finanzierung, Bauausführung etc.) nur schwierig die anstehenden Fragen miteinander besprechen konnten. Zu groß waren die Ansichten für eine „richtige“ Herangehensweise und aus der Erfahrung vergangener Projekte heraus entschied sich der zuständige Projektleiter für den Einsatz eines Mediators, der die konzeptionelle Phase begleiten sollte. Dieser entschied sich für einen unkonventionellen Einstieg in eine gemeinsame Sitzung, indem er für das Eintreffen der verschiedenen Teilnehmer just ein Bamboleo aufbaute und die Eintreffenden dazu einlud, die Zeit bis zum Eintreffen der letzten Teilnehmer auf diese Weise spielerisch zu nutzen. Dadurch unterbrach er das übliche Muster des Small-Talks, bei dem in der Regel auch nur diejenigen Personen miteinander ins Gespräch kommen, die sich tendenziell besser verstehen. Jeder kennt das bei Sitzungen mit mehreren beteiligten. Es gibt immer wieder die Bildung kleiner Grüppchen, die zusammenstehen und über dies und das reden. Durch die Beschäftigung mit einer spielerischen Aufgabe waren die Beteiligten nun „gezwungen“, sich anders zu verhalten und miteinander ein einfaches Problem zu lösen. Das erforderte jedoch eine Kommunikation zwischen den Beteiligten, die sich auch ganz zwanglos einstellte. Immerhin ging es ja nicht um den eigentlichen konfliktträchtigen Anlass des Zusammentreffens, so dass es ja unproblematisch war, mit Personen zu sprechen, die gerade zufällig neben einem standen. Die dadurch entstandene positive und gelockerte Stimmung wirkte sich auf den nachfolgenden eigentlichen Diskussionsprozess sehr positiv aus, indem der Mediator die gelungene spielerische Konfliktlösung zur Überleitung nutzte mit der Bemerkung: „Nun haben Sie ja schon gemeinsam die schwierige Aufgabe des Bamboleo gelöst. Lassen Sie uns doch diese positive Erfahrung mitnehmen in die nachfolgende Diskussion, die für Sie alle ja eine wichtige Bedeutung hat, weil sie Ihren beruflichen Alltag über die nächsten Monate wesentlich mitbestimmen wird.“ Und das gelang auch. Viele der ursprünglich als unvereinbare und konfliktträchtig angesehene Fragestellungen konnten im Vergleich zu anderen Projekten schnell und erstaunlich effektiv behandelt werden. Ob das nun nur oder maßgeblich an der spielerischen Einstiegsvariante gelegen hat, das wird sich freilich nicht belegen lassen. Aber möglich wäre es schon, dass es eine Rolle gespielt hat …

Zudem hat es sich bewährt, den Beteiligten gelegentlich in den Verhandlungspausen Spiele anzubieten, um unbefangen miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn Gruppen miteinander vertraut sind und gerade spielerische Situationen gut angenommen werden, können Sie auch als Belohnung beziehungsweise zum Ausstieg aus einzelnen Phasen genutzt werden, um den Zusammenhalt zu fördern und die Kommunikation auf neue Aspekte zu lenken.

Bei der Auswahl entsprechender Spiele sollte jedoch die Situation und die Konstellation der Teilnehmer stets berücksichtigt werden. Derjenige, der Spiele einsetzt, muss sich gut vorbereiten. Die notwendigen Materialien müssen beschafft oder vorhandenes Equipment für solche Zwecke genutzt werden können. Aus Sicht des Verfassers ist es unerlässlich, wenn die eingesetzten Spiele auch zum Mediator passen, denn nur die Techniken, mit denen sich ein Konfliktmanager selber wohl fühlt, können auch bei den Konfliktparteien authentisch eingesetzt werden.

Beim Einsatz von Spielen sollte aber nicht unbedacht vorgegangen werden: Spiele und spielerische Elemente bergen immer die Gefahr, dass sich der ein oder andere Teilnehmer ungeschickt anstellt und daher in einer gewissen Weise blamieren kann. Daher ist es wichtig, vorher einen vertrauten Rahmen zu schaffen und beispielsweise Zuschauer auszuschließen, damit jeder unbefangen mit der neuen kreativen Situation umgehen kann.

Geeignete Spiele können beispielsweise die bereits zitierten Gesellschaftsspiele wie Bamboleo sein, auch kreative spielerische Prozesse, die auf unterschiedlichen Wahrnehmungen beruhen, sind oft förderlich. Spiele, die den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit von Gruppen fördern (beispielsweise Bau von Türmen aus Strohalmen und Klebeband beziehungsweise aus Zuckerwürfeln) können gut eingesetzt werden. Gerade in größeren Gruppen bietet es sich an, mit solchen Elementen an der Gruppendynamik zu arbeiten und diese damit zu fördern. Das gemeinsame Ablegen eines Zollstockes ist hier für ein gutes Beispiel.

Der Einsatz von Spielen kann das Technikrepertoire einer Mediatorin deutlich erweitern. Wichtig es jedoch dass der Einsatzes glaubhaft für die Teilnehmer ist. Der Einsatz von Spielen, die in anderen Situationen und bei anderen Mediatoren vielleicht als nützlich erlebt wurden, ist nicht immer hilfreich, wenn sich der Konfliktmanager selber nicht wohl damit fühlt. Daher erfordert es beim Einsatz von Spielen ein wenig Mut und Überzeugungskraft, damit dieser ungewohnte Weg mit den Beteiligten zusammen angegangen werden kann. Das Vertrauen in die Fähigkeiten der Mediatoren ist in diesem Zusammenhang unerlässlich. Jedem Mediator, der sich dieser Aufgabe, die auf den ersten Blick vielleicht ungewohnt erscheint, stellen möchte, sei daher empfohlen, den erforderlichen Mut aufzubringen und seine eigenen Erfahrungen mit dem Einsatz von Spielen in der Mediation zu machen.


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