Die Neutralität des Mediators – Gedanken zu einem Grundprinzip


Die Neutralität des Mediators ist eines der wichtigsten Prinzipien in der Mediation. Lesen Sie dazu einige Gedanken von Angelika Flechsig und Dr. Stefan Kracht.

Die Neutralität des Mediators ist eines der wichtigsten Prinzipien in der Mediation. Dies hat seinen Grund darin, dass eine Mediation zwischen den Parteien freiwillig stattfindet. Parteien müssen daher mit dem Mediator als Person, aber auch mit seiner Verfahrensführung einverstanden sein. Die Autorität des Mediators basiert damit-ganz anders als etwa beim Richter-auf dem Vertrauen der Parteien. Gefährdet er seine Neutralität, verliert er möglicherweise auch das Vertrauen der Parteien und die Mediation scheitert.

Auch der Gesetzgeber hat dies erkannt und die Neutralität des Mediators in § 1 Abs. 2 MediationsG ausdrücklich normiert. Danach ist der Mediator „eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die Parteien durch die Mediation führt“. Die Wichtigkeit des Neutralitätsprinzips wird dann auch noch mal in § 3 Abs. 1 MediationsG unterstrichen, wonach der Mediator alle Umstände offenzulegen hat, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen könnten.

Was bedeutet aber nun konkret neutral zu sein? Hier werden in Wissenschaft und Praxis ganz unterschiedliche Ansätze vertreten. Danach soll Neutralität Indifferenz der Parteien bedeuten, d. h. der Mediator müsste sich als Mediator zurückhalten und keine der Parteien bevorzugen. Andere Autoren bevorzugen den Begriff der Allparteilichkeit, denn dadurch würde zum Ausdruck gebracht, dass der Mediator dem Verfahren und allen Parteien gleichermaßen verpflichtet sei und deshalb durchaus auch einzelne Parteien in bestimmten Situationen unterstützen könne. Kann beispielsweise eine Partei sich nur schwer artikulieren, könne er sie unterstützen, ohne gegen den Grundsatz der Allparteilichkeit zu verstoßen.

Hier ist es wichtig, sich klarzumachen, dass der Begriff der Neutralität nicht aus sich selbst heraus definiert werden kann. Neutralität kann es immer nur im Hinblick auf eine bestimmte Situation/Entscheidung geben. Im Bereich des Mediationsverfahren sind dies immer Verfahrensentscheidungen. Diese Verfahrensentscheidungen sind dann als neutral zu bewerten, wenn sich der Mediator in den gegebenen Entscheidungsrahmen hält, den ihm die Parteien vorgegeben haben.

Wenn also der Mediator, wie im o.g. Beispiel einer Partei, die sich schlecht artikulieren kann, Hilfestellung leistet, verstößt er damit nicht gegen das Neutralitätsprinzip. In einer anderen Situation legt er vielleicht der anderen Partei nahe, sich doch anwaltlich beraten zu lassen. Er trifft damit Entscheidungen, die im Rahmen der Mediationsvereinbarung so vorgesehen sind, weil er für die Verfahrensführung verantwortlich ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur, dass er seine Entscheidung auch transparent begründet, sofern von den Parteien diesbezügliche nachfragen kommen und den Rat an beide Parteien richtet.

Gleiches gilt im Übrigen auch für den im Gesetz verwendeten Begriff der Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit ist Bestandteil der Neutralität, persönliche Unabhängigkeit ist quasi die personalisierte Variante neutralen Verhaltens. Wir kommen dabei zurück auf die Autorität des Mediators: nur, wenn Parteien Vertrauen zu ihm haben, kann er seine Verfahrensautorität begründen. Dazu gehört natürlich auch, dass er nicht durch nähere Beziehungen oder ein inhaltliches Interesse am Ergebnis seine Neutralität infrage stellt. Nehmen wir als Beispiel einmal einen Mediator, der eine Mediation zwischen seiner Schwester und ihrem Nachbarn durchführt. Selbst wenn der Nachbar mit der Wahl des Mediators einverstanden war, sind Beeinträchtigungen der Neutralität nicht auszuschließen, weil auch nach dem Mediationsverfahren das Bruder- Schwester Verhältnis fortbesteht. Der Gesetzgeber verwendet daher zwar den Begriff der Unabhängigkeit, meint im Kern aber persönliche Neutralität.

Wie wird die Neutralität nun aber in der Praxis sichergestellt: hierzu gehört zum einen Transparenz. Der Mediator sollte Entscheidungen, die von einer Partei als nachteilig aufgefasst werden können, immer erläutern und auch auf die eingangs der Mediation vereinbarten Regeln hinweisen. Auf diese Weise behält er das Vertrauen der Parteien. Zum anderen sollte es der Mediator vermeiden, sich inhaltlich in das Verfahren einzumischen (ansonsten droht eine gewisse Vereinnahmungstendenz der Parteien, die dann zu Vertrauensverlusten bei der anderen Partei führen kann).

Schließlich sollte der Mediator auch bestimmte Mediationen grundsätzlich nicht annehmen. Hierzu gehören zunächst einmal Verfahren, die schon nach dem Mediationsgesetz dem sogenannten absoluten Tätigkeitsverbot nach§ 3 Abs. 2 MediationsG unterfallen. Hier hat der Gesetzgeber zu Recht normiert, dass ein Mediator, der in derselben Sache vorbefasst war, diese Mediation auch nicht mit Zustimmung der Parteien durchführen kann. Gerade wenn der Mediator bereits in anderen Zusammenhängen mit der Sache befasst war, ist das Risiko, die Neutralität zu gefährden sehr hoch. Auch wenn die Parteien anfangs vielleicht dem Verfahren zugestimmt haben, kann sich dies im Laufe des Verfahrens ändern und würde zu einem Scheitern für.

Anders sieht es aus, wenn der Mediator in „derselben Berufsausübung-oder Bürogemeinschaft“ mit dem vorbefassten Kollegen verbunden ist. Hier hat der Mediator persönlich in derselben Sache nicht agiert und darf, wenn er die Parteien umfassend darüber informiert und belehrt hat und diese dennoch einverstanden sind, die Mediation durchführen (sogenanntes relatives Tätigkeitsverbot). Auch in solchen Fällen ist unbedingt darauf zu achten, dass keine der Parteien den Eindruck hat, dass der Mediator persönlich eine Partei bevorzugen könnte. Wichtig ist diese Regelung insbesondere dann, wenn der Mediator im Bereich innerbetrieblicher Mediationen unterwegs ist. Ist man dort als Organisationsentwickler, Coach oder Unternehmensberater bereits im Konflikt involviert, scheidet man bereits nach dem Mediationsgesetz für eine Mediation aus. In diesem Fall ist es hilfreich, einen Kollegen aus dem gleichen Büro mit dieser Sache betrauen zu können. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn unternehmensinternen Mediatoren tätig werden. Auch hier ist unbedingt darauf zu achten, dass ein Kollege übernimmt, der bislang persönlich noch nicht mit dem Konflikt befasst war.

Fazit: Die Neutralität des Mediators ist eine schwierige Materie, sie trägt aber auch zu großen Teilen zum Erfolg des Verfahrens bei. Daher sollte der Mediator sehr darauf achten, seine Entscheidungen transparent zu mache, Vertrauen aufzubauen und keine zu große Nähe-Beziehung zu einer der Parteien zu haben.

Auch ist das absolute Tätigkeitsverbot nach§ 3 Abs. 2 MediationsG unbedingt zu beachten. Zwar hat das Mediationsgesetz selbst keine Sanktionen vorgesehen, es ist aber im Moment noch nicht geklärt, wie etwa bei den Gerichten Mediationsergebnisse gewertet werden, die unter Verstoß gegen das Mediationsgesetz zustande gekommen sind.

Autoren: RAin Angelika Flechsig und RA Dr. Stefan Kracht


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