Eine (interkulturelle) Mediation erfolgreich durchführen – Beispiel aus der deutsch-französischen Familienmediation


„Man sieht nur mit dem Herzen gut“ laut des kleinen Prinzen von Antoine de St Exupéry.

Als (interkulturelle:r) Mediator:in soll man die Kunst beherrschen, ohne Einschränkung durch unsere eigene Wahrnehmung und mit einem offenen Herzen, die Äußerung aller Wahrnehmungen und Optionen der Mediant:innen zu ermöglichen.

Durch meine Praxis als Anwältin & Mediatorin für deutsch-französische Familien ist mir eins aufgefallen: da können kulturelle Unterschiede eine große Rolle im Konflikt und in deren Lösung durch Mediation spielen… oder auch gar keine!

Und darüber hinaus können auch große kulturelle Unterschiede in einer „rein nationalen“ Mediation eine Rolle spielen.

Weil Kultur viel mehr als nur eine Frage der geografischen Herkunft ist: Was ist meine Religion? Gehöre ich einer Minderheit an? Habe ich Geschwister? Was ist mein Beruf und ist der meiner Eltern? Welcher Generation gehöre ich an? Bin ich auf dem Land oder in einer Großstadt aufgewachsen? Dies kann alles für mich und die Personen, die mich sehen, eine Rolle spielen.

Die Vorbereitung zu einer interkulturellen Mediation kann ein bisschen „tricky“ sein : dabei kann es schon hilfreich sein, sich zu fragen welche kulturellen Unterschiede eine Rolle im Konflikt spielen können ; auf der anderen Seite kann es natürlich sein, dass die Medianten diesen generellen Kulturunterschieden nicht entsprechen, oder dass diese Kulturunterschiede zwar gegeben sind, aber keine Rolle im Konflikt spielen.

Was ist anders in einer deutsch-französischen Mediation als in einer reinen deutschen oder reinen französischen Mediation, und wie kann man sie erfolgreich leiten?

Welche Kulturunterschiede kann es zwischen Frankreich und Deutschland geben?

Um mich hier kurz zu fassen, können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen:

In allen Bereichen:

  • Die sprachliche Schwierigkeit, sich zu verstehen,
  • Direktheit vs. Diplomatie im Ausdruck,
  • Respekt der Regeln vs. Respekt vor der Autorität,
  • verbindliches Engagement vs. Flexibilität,
  • Pünktlichkeit,
  • Was ist das Wichtigste : gute Beziehung vs. Klarheit und Effektivität in der sachlichen Regelung

für deutsch-französische Elternteile insbesondere:

  • Die Unterschiede in der Wahrnehmung einer „guten Erziehung“ der Kinder (Spaß vs. Disziplin, Bindung zu einem Hauptelternteil vs. Bindung zu verschiedenen Bezugspersonen…)
  • Was es jeweils bedeutet eine gute Frau und Mutter bzw.; ein guter Mann und Vater zu sein,
  • DieRessourcen der Gesellschaft (Betreuungsplätze, Kindergeld…)

 

Darüber hinaus muss in einer interkulturellen Mediation unbedingt berücksichtigt werden, dass die Mediant:innen sich in einer Machtungleichheit befinden können.
Ein Elternteil lebt meistens in seinem Heimatland, wovon es nicht nur die Sitten und Sprache beherrscht, sondern auch weiß, wie man Hilfe erhalten kann. Es wird auch oft vom anderen Elternteil vermutet, dass das Gericht prinzipiell dem „heimischen“ Elternteil Recht geben wird.

Dies führt natürlich zu riesigen Ängsten, wenn nicht zum Gefühl der Hilflosigkeit für den „Ausländer“.

Und es führt auch zur Angst vom „heimischen“ Elternteil, dass der andere Elternteil mit den Kindern in sein Heimatland zurückkehren könnte : nämlich, dass es die Kinder entführt.

Dazu ist es natürlich wichtig, dass alle Mediant:innen eine Beratung durch eine:n Anwalt:ältin einholen, der oder die sie über beide Rechtssysteme aufklärt.

Nun: wie kann man eine interkulturelle Mediation vorbereiten bzw. leiten ?

Ich meine, dass es wichtig ist, sich zu fragen, ob kulturelle Unterschiede eine Rolle im Konflikt spielen können, und den wohlwollenden Ausdruck der (kulturell geprägten) Sichtweisen über eine gute [Erziehung, mütterliche und väterliche Rolle, Kommunikation, oder alles was ein Thema der Mediation ist…] zu ermöglichen.

17 konkrete Tipps

Vor der Mediation

*     Als Mediator:in sich im Vorhinein über die Kulturen der Mediant:innen erkundigen, und klären, inwiefern diese eine Rolle im Konflikt und deren Lösung spielen könnten

*     Erwartungen und Situation durch einen mehrsprachigen Fragebogen klären, der möglicherweise vor der Mediation verschickt wird.

*     Mit den Mediant:innen klären, was für sie eine gelungene Mediation wäre

*     Kommunikationsregeln der Mediation sorgfältig prüfen und anpassen, bis sie wirklich für alle Mediant:innen passen (hier kann schon eine kleine Mediation dazu notwendig sein!)

Auswahl der Mediation

*     Evtl. Videokonferenz benutzen

*     Evtl. Dolmetscher:in in die Mediation einbringen

*     Internationale Außenanwälte in die Mediation einbringen (Haftungsausschluss für uns)

*     Evtl. eine internationale Co-Mediation anbieten (4B Modell des Mikks e.V.)

Während der Mediation

*     Besonders viel auf die Körpersprache achten

*     Besonders viel Spiegeln und nachfragen, was d. Mediant:in gerade gehört/verstanden/wahrgenommen hat

*     Besonders darauf achten, dass nicht alle Mediant:innen eine Nicht-Zustimmung ausdrücken bzw. akzeptieren können

*     Wohlwollend fragen, woher die Leute sprechen, d.h. dass die Leute ihre Kultur erklären

*     Hofstedes kulturelle Dimensionen aufzeigen bzw. darauf verweisen

*     Die Medianten über ihre sozialen und rechtlichen Vorstellungen der anderen Kultur fragen

*     Nachfragen, welche Vorteile und Nachteile die jeweiligen kulturellen Wahrnehmungen (z.B. der Erziehung) haben.

*     Optische Täuschungen verwenden, um die Rolle/Prägung der Kultur bildhaft zu erklären

*     Kreative Tools benutzen (malen lassen, Bildkarten, Figuren…), und prinzipiell eine so sprachbarrierefreie Kommunikation wie möglich ermöglichen (keinen Roman auf Flipchart schreiben!)


Suche nach Mediatoren

Mediator finden