Kinder in der Mediation

von Stephan Schmidt-Jochum, Rechtsanwalt und zertifizierter Mediator


Viele Kolleginnen und Kollegen werden sich die Frage gestellt haben, ob die Einbeziehung von Kindern in der Familienmediation ein sinnvolles Instrument sein kann.

So ist zunächst grundsätzlich zu klären, ob die Kinder überhaupt einbezogen werden sollen und wenn ja, unter welchen Bedingungen dies möglich und sinnvoll erscheint. In der Mediationspraxis wird dies sehr unterschiedlich gehandhabt. Viele unserer Mediationskolleginnen und -kollegen sind mit der Einbeziehung von Kindern in ihrer Mediationspraxis sehr zurückhaltend.

Wir müssen uns zunächst bewusst machen, dass Kinder von der Trennung der Eltern gleichsam überrollt werden und sich in einer besonders hilflosen Lage befinden. Die Kinder erleben eine große Verunsicherung und benötigen insoweit Unterstützung, zumal es den Eltern in dieser Situation im Regelfall besonders schwer fällt, gut für ihre Kinder zu sorgen und deren Bedürfnisse im Auge zu behalten.

Wichtig ist, dass die Kinder in dieser Situation in der richtigen Art und Weise in den Mediationsprozess einbezogen werden. Auch wenn die Eltern oder andere Personen nicht direkt mit ihnen über den Konflikt sprechen, erleben sie den Konflikt doch tatsächlich und unmittelbar.

Die Einbeziehung von Kindern in das Mediationsverfahren erfordert von uns Mediator/innen ein besonders hohes Maß an Sensibilität. Es muss in jedem Fall vermieden werden, dass die Einbeziehung der Kinder in die Mediation dazu führt, dass die Kinder in den Konflikt der Eltern hineingezogen werden und sie insoweit in einen Loyalitätskonflikt geraten und ggf. durch die Eltern instrumentalisiert werden.

Insoweit müssen die Kinder gefragt werden, welches ihre Bedürfnisse in dieser Situation sind; sie dürfen jedoch nicht mit Entscheidungen belastet werden, die sie in die vorbezeichneten Loyalitätskonflikte stürzen und ihrem jeweiligen Alter nicht angemessen sind.

Es gibt unterschiedliche Modelle, wie Kinder direkt oder indirekt mit Mediator/innen ins Gespräch kommen können. Der einfachste Weg ist hier, die Eltern für die Kinder sprechen zu lassen. Sofern die Eltern ihre Kinder gleichsam gut im Blick haben, reicht dies im Regelfall aus. Es gibt aber durchaus Mediationen, in denen es sinnvoll ist, die Kinder direkt in das Verfahren mit einzubeziehen. Dies kann geschehen zum einen durch das sogenannte Kinderinterview. Hierbei arbeitet ein weiterer Mediator bzw. Mediatorin mit dem Kind und verfasst anschließend einen Bericht, in dem die Bedürfnisse, Wünsche und Gedanken des Kindes bzw. der Kinder deutlich werden. Gegebenenfalls kann hier auch mit den Verfahrensbeiständen zusammengearbeitet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass eine entsprechende Vernetzung vorhanden ist.

Das wohl übliche Vorgehen in der Mediationspraxis sieht vor, dass Kinder und Eltern eine gemeinsame Sitzung mit den Mediator/innen haben. Hierbei wird im Wesentlichen mit den Kindern gearbeitet, währenddessen sich die Eltern im Hintergrund aufhalten und gleichsam zuhören. Ein gemeinsames Arbeiten mit Eltern und Kindern erfordert vonseiten der Mediator/innen ein sehr hohes Maß an Kompetenz und Sicherheit im Umgang mit Kindern und muss gut vorbereitet sein.

Wir Mediator/innen müssen uns zunächst darüber im Klaren werden, ob wir uns das Arbeiten mit Kindern überhaupt zutrauen. Wir müssen uns über die Ziele der Sitzung mit den Kindern sowie darüber hinaus über das Alter und die Fähigkeiten der Kinder im Klaren sein. Wir müssen weiter prüfen, in welcher Phase es sinnvoll ist, die Kinder einzubeziehen; in der Regel frühestens beginnend ab der Phase 4. Die Gestaltung des Settings muss kindgerecht erfolgen, sodass ein guter Kontakt zu den Kindern aufgebaut und Vertrauen geschaffen werden kann.

Wir müssen uns weiter darüber im Klaren sein, wie die gefundenen Ergebnisse in den weiteren Mediationsprozess eingebunden werden können.

Zur Vorbereitung der gemeinsamen Sitzung sollte mit den Eltern geklärt werden, den Kindern eine eigene Stimme zu geben, wenn es um ihre eigenen Belange geht. Es muss den Eltern klar werden, auch den Kindern Anerkennung und Wertschätzung zu geben. Hierbei muss den Eltern jedoch bewusst sein, dass sie die Entscheidungen nicht aus der Hand geben dürfen und auch die Verantwortung dafür tragen.

Ebenso müssen die Kinder gut vorbereitet werden. Es muss ihnen bewusst gemacht werden, dass ihnen eine eigene Stimme gegeben wird, sie jedoch selbst nicht entscheiden können oder gar entscheiden müssen. Insoweit ist hier auch ein Einzelgespräch mit den Kindern denkbar, um ggf. vorhandene Sorgen und Ängste zu klären bzw. abzubauen und zu eruieren, ob die Kinder zu einer gemeinsamen Sitzung auch bereit sind. Letztendlich muss auch für die Kinder das Prinzip der Freiwilligkeit gelten.

Nur wenn wir als Mediator/innen gut vorbereitet mit den Eltern und Kindern gemeinsam arbeiten, sind wir in der Lage, eine Basis für nachhaltige Lösungen zu schaffen.

In meiner eigenen Mediationspraxis hat sich bewährt, den Eltern und Kindern im Anschluss an das eigentliche Mediationsverfahren eine eigene abschließende Eltern-Kinder-Sitzung anzubieten.

Die Kinder erleben die Mediationssitzungen ihrer Eltern gleichsam von zu Hause aus. Auch hier erleben sie Verunsicherungen, Ängste und Sorgen. Sie wissen letztendlich nicht, was dort passiert. Sie erleben die Eltern nach Rückkehr dann oftmals in einer emotional aufgewühlten Verfassung und können das Mediationsverfahren aus ihrer Sicht nur schlecht einordnen. Zusammen mit den Eltern erkläre ich den Kindern die sie betreffenden gefundenen Lösungen. Die Kinder erleben dann im absolut positiven Sinn, dass ihre Eltern in der Lage sind, in aller Wertschätzung auf ihre Bedürfnisse einzugehen, ihre Sorgen und Ängste zu erkennen und gemeinsame Lösungen zu finden.

Wenn wir als Mediator/innen gut vorbereitet mit den Eltern und Kindern gemeinsam arbeiten, schaffen wir eine Basis für nachhaltige Lösungen.


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